Kapitel V – Wieder unter den Lebenden

 

„Wach auf, wach auf kleiner Troll“, flüsterte eine Stimme in Shadovvs Ohr. Beinahe väterlich, streichelte etwas über seinen Kopf nur um kurz darauf von einer Faust am Kiefer getroffen zu werden. „Wach auf!“ schrie die Stimme mit roher Gewalt, die er nicht kannte und doch lag etwas Vertrautes darin. „Ah gut, du bist endlich wieder unter den Lebenden. Ha! Wurde auch Zeit. Ich dachte schon, meine Kameraden hätten dich etwas zu hart angefasst.“ Ein fieses Lächeln begleitet diese Stimme. Shadovv konnte nur verschwommen erkennen, was sich vor ihm abspielte. Er war noch immer benommen und wusste nicht wo er war. Nur langsam wurde sein Blick wieder schärfer. Der Schurke wollte sich an den Kopf greifen und bemerkte, dass er in kniender Position an Händen und Füßen gefesselt war. Sein Schädel fühlte sich an als würden sich zwei Dutzend Soldaten von innen gegen sein Gehirn werfen. Langsam hob er den Kopf und versuchte die Stimme die ihn begrüßt hatte einem Körper zu zuordnen. Wieder traf ihn ein mächtiger Faustschlag. „Oh, wie ich das vermisst habe. Ich habe einiges nach zu holen.“ Erneut traf Shadovv die Faust seines Peinigers und noch immer konnte er nicht erkennen, wer der jenige war, der ihm so zusetzte. „Mutig bist du jedenfalls nicht, wenn du einen gefesselten schlägst“ sprach Shadovv mit ruhiger, aber zitternder Stimme. Die Schläge hatten ihre Wirkung getan. Er spuckte etwas Blut auf den kalten Boden und versuchte erneut seinen Peiniger anzusehen. „Der Spaß daran ist, das ich das den ganzen Tag machen kann, ohne auch nur einen Funken Reue zeigen zu müssen. Ha!“ Wieder traf ein Fausthieb Shadovv. Diesmal so hart das er links zur Seite kippte und mit dem Kopf gegen den Boden schlug. „Och komm schon Shadovv, mach es mir nicht so leicht. Setzt ihn wieder auf!“ befahl der Peiniger. Zwei paar Hände packten den Troll und setzten ihn in seine ursprüngliche Position. Der Kopf des Trolls hing nach unten. Er war sichtlich geschwächt von den Schlägen und rang mit der Bewusstlosigkeit. Jemand packte ihn an den Haaren und zog seinen Kopf ruckartig nach hinten. Blau glühende Augen starten ihn an. „Wie war das noch mal mit Rache?“ fragte sein Peiniger mit einem grinsen im Gesicht. Erst jetzt erkannte er die Gesichtszüge. Er hatte sie schön öfter gesehen. Öfter als ihm lieb war. Das letzte mal als er ihm seine Faustwaffe in die Eingeweide stieß um sich für sein zerstörtes Auge zu bedanken. Kinnlange graubraune Haare fielen über seinen Schädel. Die Stirn war recht hoch angesetzt und seine Augenhöhlen von buschigen Augenbrauen umgeben, die die gleiche Farbe wie seine Haare trugen. Seine Nase war bestimmt mehrmals gebrochen gewesen, denn ein Buckel zeichnete sich deutlich ab. Die markanten Gesichtszüge eines Wolfes wurden von einem dünnen Oberlippenbart unterstrichen. Er trug dieselbe Rüstung die auch die Todesritter an hatten. Schwarz wie die Nacht und mit blauen Runen bemalt, die genauso hell leuchteten wie seine Augen. Erneut traf ihn der gepanzerte Handschuh des Todesritters am Kien. Der Schlag war so gewaltig, dass er ihm dabei sogar ein paar Haare ausrupfte. „Natürlich kann ich von deinem kleinen Hirn nicht verlangen, das du mich wieder erkennst. Aber mich würde interessieren ob du weist wer ich bin.“ Er ging dabei in die Hocke und sah dem Troll mit strengem Blick ins Auge. „Du warst mal ein Paladin“, antwortete Shadovv. „Ha. Ja und nein, mein Guter. Ja dieser Körper war mal ein Paladin. Ein nutzloser wie ich annehme, da du ihn ja getötet hast. Und nein ich bin nicht dieser Paladin. Seine Seele war schon verloren als er in diese Welt geworfen wurde.“ Shadovv der durch den voran gegangenen Schlag wieder zu Boden ging, richtete sich selbstständig auf. Er blickte dem blauen Glühen entgegen, das in den Augenhöhlen des Todesritters glomm. „Nein,…“ stieß er hervor. „Das kann nicht sein, das darf nicht sein, ich habe dich getötet und deine faulende Leiche zu Asche verbrannt!“ „Ha, na sie mal einer an, er erkennt mich. Freust du dich mich zu sehen, Bursche?“ Wütend trat der Peiniger nach Shadovvs Gesicht. Der Tritt war so heftig das er nach hinten geschleudert wurde. Aber das reichte ihm diesmal nicht. Immer weiter trat er auf den Troll ein, traf die Rippen und seinen Kopf. Mehrer Male wurde Shadovv von der Wut seines Peinigers geschunden, bis er endlich wieder abließ. „Ja du hast Recht, du hast mich getötet. Jedenfalls meine sterbliche Hülle.“ Er kniete sich wieder vor den Troll der mit dem Kopf am Boden ein weiteres Mal Blut spuckte. „Ich will es aus deinem Munde hören. Komm sag meinen Namen, Junge.“ „Vandead, ich habe dich einmal bezwungen und ich werde es wieder tun“, ächzte es aus dem Mund des Trolls. Sein Gesicht war geschunden, sein gesundes Auge war nun ebenfalls geschwollen und er konnte kaum etwas erkennen. „Es mag sein das du mich bei unserem ersten Zusammentreffen geschlagen hast, aber ich kann dir versichern, noch einmal wird dir das nicht gelingen. Du glaubst doch wohl nicht wirklich das du mich jemals hättest vernichten können, oder? Ich bin viel zu mächtig für dich. Mit meinem scheinbaren Tod hast du mich lediglich stärker gemacht und nun bist du es der bezahlen wird! Mein Meister befahl mir, dich zu ihm zu bringen. Allerdings sagte er nichts von dem Zeitpunkt.“ Vandead erhob sich wieder und ging ein Paar Schritte von ihm weg. Erst jetzt bemerkte er das er wieder im Thronsaal der Frostwölfe war und das um in herum ebenfalls viel seiner ehemaligen Gefährten gefesselt am Boden lagen, bewacht von Todesrittern. „Oh Shadovv, wir beide werden sehr viel Spaß miteinander haben. Aber vorerst werde ich mich um deine kleine Hure kümmern. Sie verdient es genauso wenig wie du auf Azeroth's Erde zu wandeln! Aber keine Angst mein Freund, du wirst ihrem Tod beiwohnen dürfen. Den Gefallen bin ich dir schuldig. HA!“ Vandead schnippte mit den Fingern. Zwei Todesritter schleppten Violett in die Mitte des Thronsaals und warfen sie vor Shadovv. Sie war bewusstlos und ihre rechte Schläfe blutete ein wenig. „Violett! Violett!“ Shadovv versuchte zu Rufen, aber die Verletzungen an seinem Kiefer waren zu schwer. Nur leichtes Flehen kam aus seinem Mund. „Was ist den los, Shadovv. Bettelst du etwa? Ha! Wer hätte das gedacht. Du bettelst jetzt schon um ihr Leben, dabei habe ich noch gar nicht angefangen.“ „Bitte lass sie zu frieden, “ jammerte Shadovv „Das ist eine Sache zwischen dir und mir, lass sie gehen.“ Vandead beugte sich zu ihm hinab. „Sie dich an Shadovv. Ich kann gar nicht glauben, dass Drek´Thar dich zum Schlachtrufer ernannt hat. Du liegst da, hilflos, bettelst um Gnade und glaubst allen Ernst es würde etwas an meinen Plänen ändern. Nein Shadovv, dieser Bitte werde ich nicht nachkommen. Ich kann dir versprechen, dass du schlimmer leiden wirst als ich es tat und du machst dir überhaupt keine Vorstellungen was für Schmerzen dich noch heimsuchen werden.“ Die Gelassenheit in Vandeads Stimme war grauen erregend. Die Entschlossenheit, Shadovv zu zerstören konnte ihm niemand nehmen. Vandead erhob sich, die beiden Todesritter zu seiner Rechten packten Violett und schleppten sie wieder fort. Mit ausdruckslosen Gesichtszügen sah er die beiden Wachen an, die hinter Shadovv standen. „Brecht ihm Arme und Beine und lasst ihn hier verrotten in der Gewissheit, das seine Hure bei mir ist. Tötet alle anderen hier und bringt ihre Leichen zu Grobulus.“ Schreie aus allen Richtungen durchbrachen die Stille die bisher geherrscht hatte. Flehen und Betteln hallte durch den mächtigen Saal. Das kreischen von Frauen wurde erstickt von den schmerzerfüllten Rufen der Männer. Shadovv blickte Vandead nach, als der sich umdrehte und verschwand. Der Schmerz den er in seinen Beinen fühlte war so stark, das er nicht lange bei Bewusstsein blieb. Er fühlte noch wie man seine zweite Kniescheibe mit einem Streitkolben zertrümmerte, bevor ihn absolute Schwärze umfing.

 

Shadovv erwachte erst spät abends als der Mond hoch stand und mit seinem Leuchten die Welt erhellte. Das silberne Licht schien in den Thronsaal. Der gebrochene Troll lag da und rührte sich nicht. Er blickte noch immer auf die leere Stelle an der vor kurzem noch seine Geliebte ohne Bewusstsein gelegen hatte. Aus seinem Auge floss eine Träne. Er vergoss sie wegen der Ungewissheit mit der man ihn auf dem kalten Boden in der Burg Frostwolf zurück gelassen hatte. Shadovvs Gedanken waren bei Violett. Er hatte sie verloren, sie im Stich gelassen. Er hatte nicht verhindern können wovor sein älteres Ich ihn gewarnt hatte. "Ich habe versagt. Wie konnte ich nur versagen." röchelte er Still vor sich hin. "Du hast nicht versagt Shadovv", flüsterte eine Stimme die aus Richtung des Burgeingangs kam. Kochend vor Wut und mit brennendem Schmerz antwortete er: "Hab ich das nicht? Ich habe meine Geliebte verloren. Ich habe Thelias verloren. Ich habe alle im Stich gelassen die mir Vertraut haben, in dem Glauben das Richtige zu tun. Und das alles nur weil meine Zukunft mir das geraten hat! Du hast gewusst was auf mich zukommt. Auf uns, und du hast es trotzdem geschehen lassen!" Die Stimme schwieg für einen Moment. "Auch ich lag einst hier, vor langer Zeit. Auch ich brüllte diese Worte meinem Gegenüber entgegen. Ich weis genau was du jetzt durchmachst, den Ich habe das alles bereits hinter mit. Die Zukunft kann man nicht ändern Shadovv. Erst wenn du das begreifst wirst du alles verstehen was noch kommen wird." Der verletzte Shadovv rang erneut mit der Bewusstlosigkeit. Seine Verletzungen waren zu stark und bevor er erneut in eine Scheinwelt abdriftete hörte er einen letzt Satz. "Es gibt noch Hoffnung, lasst ihn Leben. Er wird es schaffen…"