VI - Du kannst nicht alle retten

 

„Warum sollten wir das tun. Wir schickten dich zurück in der Hoffnung du könntest dich selbst am ehesten umstimmen. Nun liegt dein jüngeres Ich genauso verwundet und verloren da wie du einst, als wir dich fanden. Man kann die Zeit nicht ändern. Jedes Wesen hat eine Bestimmung zu erfüllen. Deine, die von Violett, als auch die von Vandead hätte damals im Flammenschlund enden sollen, “ sprach der bronzefarbene Drache. „Ich weis dass es momentan so aussieht, als würde sich die Geschichte wiederholen, aber ich weis was Nozdormus mir gesagt hat. Er gestattet mir zwar nicht, euch von den zukünftigen Schicksalen Azeroth´s zu berichten, aber er gab mir Hinweise auf dem Weg die das Schicksal dieser Welt lenken. Wenn ihr Shadovv, den jungen Shadovv, jetzt tötet wird der Krieg auf jedenfall los brechen. Er ist der Schlüssel zu allem, er kann das Schicksal in die Richtigen bahnen lenken. Habt vertrauen in meine Worte, er wird nicht dieselben Fehler machen wie ich einst, “ Shadovv klang beinahe verzweifelt. Die große Gestalt die sich im Thronsaal der Frostwölfe aus dem nichts materialisiert hatte, blickte in mit versteinerter Mine an. Velfara verfolgte die Situation aus sicherer Entfernung. Bei jeder Bewegung musste man davon ausgehen, dass der Drache die Wände des großen Saales zum Einsturz bringen würde. Langsam beugte sich das große Reptil zu dem Troll hinunter:“ Der Zeitlose hat mich beauftragt dich zu stoppen, wenn ich der Meinung wäre du würdest scheitern. Du hast Chancen verstreichen lassen und bis jetzt nichts unternommen, dass die Zukunft beeinflusst. Dies ist die letzte Chance die ich dir lasse, Dieb. Solltest du ein weiteres Mal scheitern, wird der Diebstahl am Sand der Zeit Konsequenzen für dich haben.“ Langsam hob der Drache wieder seinen mächtigen Kopf und zerfiel zu Staub, bis nichts mehr von ihm zu sehen war. „Soll ich nun wirklich Fragen was er damit gemeint hat, mit dem Diebstahl am Sand der Zeit?“ Velfara trat langsam an den Troll heran. „Nun das ist jetzt nicht mehr wichtig. Wenn ich scheitere ist das mein Ende. Die Aspekte werden mich so oder so noch aufsuchen, egal was hier passiert.“ Shadovv´s Haupt war gebeugt. Durch müde Augen sah er auf sein jüngeres Ich. „Ich muss dich um etwas bitten, Velfara. Vertrau mir einfach. Ich habe Dinge gesehen die ich am liebsten vergessen würde und ich werde alles dafür tun, damit er hier, nicht dieselben Dinge durchmachen muss.“ „Allerdings hattest du auch erwähnt dass man die Zukunft nicht ändern kann und dass er hier das zuerst begreifen müsse“, konterte Velfara. „Das sind wahre Worte, allerdings ist es eines jeden Lebewesens Schicksal irgendwann zu sterben. Der Zeitpunkt selbst ist beeinflussbar, das Ende allerdings nicht.“ „Und was hat das nun alles mit mir zu tun? Hamuul hatte erwähnt das er mich in seiner Vision gesehen hat und so wolle er mich nie wieder sehen.“ „Wie bereits erwähnt. Der Zeitlose hat dafür gesorgt dass meine Gedanken vernebelt sind. Ich weiß um dein Schicksal, aber ich kann dir nichts darüber sagen. Ich weis nur dass deines und das von Shadovv mit einander verflochten sind, so wie das von Vandead, Violett und ihm. Darum bitte ich dich ihn zu heilen. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit und ich muss ihm noch ein paar Dinge erzählen, bevor ich….abreise.“ Die kurze Pause die Shadovv während des Gesprächs machte, ließ Velfara kurz schnaufen. Sie wusste, das abreisen nur ein anderes Wort für den Tod sei. Was für ein hartes Schicksal zu wissen wann einen der Tod ereilt. „Nun gut, lass mich mal sehen was ich tun kann. Die Todesritter haben viel Energie von der Natur genommen in dieser Umgebung. Ihr Kräfte der Natur, erhört meine Bitte. Gebt mir die Kraft ein Wesen zu retten, das in eurer Welt gelebt hat. Spendet ihm das Elixier des Lebens um seine Wunden zu heilen. Spendet ihm die Kraft der Erde um seine Knochen zu heilen und tragt ihn auf dem Wind, damit sein Geist wieder klar wird. Ich bitte euch…“ Es dauerte eine Zeit lang, bis die Elemente antworteten. Trotz des zögern, halfen sie der Druidin ihr Werk zu vollbringen. Shadovvs Knochen wuchsen mit rasender Geschwindigkeit nach, die Schnittverletzungen an seinem Gesicht schlossen sich und selbst sein fehlendes Auge wurde wieder hergestellt. Velfara dankte der Natur erneut für das Geschenk des Lebens. Sie wusste als Druidin, dass die Natur um sie herum gestorben war um dem Troll zu helfen. Aber sie würde wieder heilen und gesund werden so wie Shadovv.

 

Shadovv öffnete langsam die Augen. Er brauchte einen Moment um sicher zu gehen, dass er nicht tot war. Trotz der Erinnerungen an die letzten Stunden, fühlte er sich unbeschreiblich gut, so als wäre er neu geboren. Zu seiner Rechten flüsterte eine vertraute Stimme:“ Wie fühlst du dich?“ „Seltsamerweise ging es mir noch nie besser.“ „Die Heilkünste von Velfara haben gute Dienste geleistet. Du solltest ihr danken. Aber das hat noch Zeit. Wir müssen reden.“ „Reden? Vandead hat Violett. Und nicht einmal Sen´Jin weis was er mit ihr vor hat“, aufgebracht richtete sich der jüngere Troll auf und ging zu seinem alten Ich. Als er ihn packen wollte, verschwand der Schurke im Nebel und tauchte direkt hinter ihm wieder auf. Hektisch drehte sich Shadovv um, um erneut zu zugreifen. Doch mehr als Rauch bekam er nicht zu fassen. „Was spielst du hier für dreckiges Spiel mit mir. Stell dich deinem Gegner oder verschwinde für immer!“ Der alte Shadovv materialisierte sich auf einem Holzbalken über dem Thron. „Ich bin nicht hier um gegen dich zu kämpfen, sondern um dich auf den rechten Weg zu bringen. Ich bin hier um dir zu erzählen was passieren wird, wenn du die gleichen Entscheidungen triffst wie ich damals.“ „So wie es aussieht muss ich dir wohl zu hören, es sei den ich finde einen schnellen Weg zu dir hoch. Also sprich, warum sollte ich nicht sofort nach Violett suchen?“ „Weil sie bereits tot ist“, sprach Shadovv traurig. Auch in den Augen des jüngeren Shadovvs konnte man jetzt die Trauer sehen, die sich schnell in Wut wandelte:“ Du lügst! Das ist eine Lüge!“ Rasend vor Wut warf er ein Wurfmesser nach dem anderen seinem alten Ich entgegen. Der konnte jedoch jedem Geschoss entrinnen. „Leider ist das die Wahrheit. Und wenn du bereit bist zu zuhören, werde ich dir auch erzählen wie es passiert ist.“ Mit einem geschickten Sprung verließ Shadovv seine sichere Position und landete direkt vor seinem zornigen Ich. „Vor langer Zeit, als ich durch den Silberwald reiste um Thrall die Information über die Sturmlanzen zu bringen, kam mir niemand zu Hilfe. Ich wurde geradezu überrannt von ihnen, den Untoten die du gesehen hast. Glücklicherweise töteten sie mich nicht. Sondern brachten mich nach Naxramas, dass damals, also heute noch bedrohlich über den östlichen Pestländern schwebt. Man wollte mich zu einem Todesritter machen, wie du sie gesehen hast. Seelenlose Diener des Lichs Kel´Thusad. In einem unachtsamen Moment nutze ich eine günstige Gelegenheit für eine Flucht. Ich war schon fast draußen, als ich sie sah. Mein Herz, meine Geliebte, festgebunden an einen Tisch mit Drähten im Kopf. Man hat ihr ihre Erinnerungen genommen und sie durch falsche ersetzt. Man hat so lange auf sie eingeredet bis sie diese geglaubt hat. Ich versteckte mich in der Nekropole in der Hoffnung einen Moment zu bekommen, um sie zu retten. Aber sie wurde strenger bewacht als alle anderen, die ich dort fand. Ich hatte keine Chance zu ihr zu gelangen ohne Alarm auszulösen.“ „Du hast sie zurück gelassen“, schrie Shadovv auf und packte sein älteres Ich an der Gurgel. „Du bist nicht ich. Du bist auf keinen Fall ich. Ich hätte mein Leben für sie gegeben, ich hätte versucht sie zu retten! Shadovv schnaufte aufgebracht. Sein Griff wurde immer fester und nur mühselig konnte er die Worte verstehen die aus der zerquetschten Kehle kamen:“ Ich wollte sie befreien, …aber mein Tod hätte nichts geändert. Die Verwandlung….war … zu weit fortgeschritten…“ Endlich ließ das jünger Ich von Shadovv los. „Egal wie weit fortgeschritten etwas war, ich hätte NIEMALS aufgegeben!“ „Ich HABE niemals aufgegeben!“ Mit einem gewaltigen Stoß, ließ der alte Shadovv seine Gefühl losbrechen. Tränen schossen im in die Augen, die Stimme wurde zittrig. „Ich habe sie geliebt und hätte ich auch nur den Hauch einer Chance gehabt, hätte ich sie genutzt. Seid jenem Tag quälen mich Fragen. Was wenn ich früher aufgewacht wäre? Was wenn ich im Silberwald vorsichtiger gewesen wäre? Was wenn ich einen früheren Moment für meine Flucht gewählt hätte? Hätte ich sie noch davor bewahren können, mich zu vergessen und stattdessen ein Schwert gegen mich zu richten? Ja du hast richtig gehört Shadovv, “ er schnaufte. Auch er war nun aufgebracht und wütend. Mehr auf sich selbst und auf die Erinnerungen. „Ich streckte einen Todesritter mit meinen bloßen Händen nieder. Ich trat durch den Schatten und brach einem anderen das Genick. Und als ich endlich bei ihr war, sie berührte, ihre kalte Haut fühlte sah sie mich an, mit kalten, toten und ausdruckslosen Augen. Ich flüsterte ihren Namen. Und das nächste was ich fühlte war ihr Runenschwert an meinem Hals. Sie blickte mich an ohne einen Funken Mitgefühl, ohne Reue, nur mit purem Zorn. Sie sah mich an wie ihren Todfeind und Sekunden später begann sie auf mich einzuschlagen. Mächtige Schwerthiebe denen ich nur mit Mühe und Not ausweichen konnte. Sie war nicht mehr meine Geliebt, sie war jemand anders, sie war jetzt eine von Vandeads Puppen! Und nichts was ich sagte oder tat, brachte sie mir zurück.“ Die beiden Trolle sahen sich voller Wut an, die von Trauer abgelöst wurde. „Sie brachte es fertig mich zu besiegen. Ohne es zu wissen nutze sie meine Gefühle um mich zu zerstören. Als ich am Boden lag, verwundet durch einen Schwertstreich, trat sie auf mich ein, schrie mir ihre Wut entgegen als gäbe es nichts schlimmeres als meine Existenz. Sie warf ihr Schwert weg, griff sich einen Streitkolben, brach mir beide Beine und Arme und trat weiter auf mich ein. Der Hass in ihren glühenden Augen war etwas das ich noch nie zuvor gesehen hatte und selbst als ich bettelte und flehte, hörte sie nicht auf. Ich hörte noch das schäbige Lachen von Vandead als sie mich zum Ausgang der Nekropole brachten. Violett trat mich über die Kante und ich fiel etliche Meter in die Tiefe. Der Aufprall erlöste mich von meinen körperlichen Leiden, aber mein Geist blieb wach und versuchte endlose Trauer hinaus zu schreien. Die bronzefarbenen Drachen fanden mich im Dreck liegend und beschlossen mich von dort weg zu holen. Sie brachten mich an einen Ort der „Die Höhlen der Zeit“ genannt wurde.“ Stille herrschte in dem großen Thronsaal der vor kurzem noch Lazarett und Festplatz für Feiernde war. Die beiden Trolle standen sich noch immer gegenüber und starrten sich an. Velfara stand am Eingang der Burg und lauschte den Erzählungen des Trolls. Auch ihr Herz wurde von der Geschichte berührt und eine Träne entwich ihren traurigen Augen. Der jüngere Shadovv versuchte das neu erfahrene einzuordnen und zu verarbeiten. Die Gefühle die in ihm herrschten überschlugen sich und es kostete ihm einiges an Kraft um darauf zu antworten:“ Warum hier, warum jetzt. Warum tauchst du in dieser Zeit auf und nicht als wir am Flammenschlund standen?“ Shadovvs blick war nach oben gerichtet als wolle er den Himmel anschreien, antwortete dann aber ruhig:“ Ich weis es nicht. Ich hatte, nachdem man mich gesund gepflegt hatte, etwas vom Sand der Zeit gestohlen, der es jedem erlaubt zu einem bestimmten Punkt in der Vergangenheit zu reisen. Der Zeitpunkt wird nicht durch den Träger gewählt, sonder die Zeit selbst wählt. Nozdorum ist der Aspekt der Zeit. Er ist das was war, das was ist und das was sein wird und ich bin sicher, dass er derjenige war der mich hierher geführt hat. Es hat eine Zeit gebraucht bis ich verstanden habe, dass man nicht jedes beliebige Ereignis rückgängig machen kann. So auch unsere erste Begegnung in Ogrimmar. Und es schmerz noch mehr zu wissen, dass ich Violett nicht retten kann. Genauso wenig wie du es kannst. Sie ist schon zu lange bei Vandead. Die Verwandlung in eine Todesritterin ist nahezu abgeschlossen.“ „Und was soll ich deiner Meinung nach nun tun? Mich verkriechen und nichts tun?“ „Nein Shadovv. Du wirst kämpfen, ganz egal was ich dir jetzt rate, dass weis ich. Allerdings musst du erst an IHR vorbei um an Vandead zu gelangen.“ Die schockierende Wahrheit die sich gerade in dem jungen Troll breit machte ließ in wanken und zu Boden sacken. „Du verlangst von mir dass ich Violett töte? Mein Herz? Meine Geliebte? Wie kannst du so etwas nur sagen? Was bist du für ein Troll geworden, dass du dies auch nur in Erwägung ziehst?“ „Vandead hat ihren Geist vergiftet. Ihre Gedanken sind fort. Die Maschine die die Lebewesen aus Azeroth in Todesritter verwandelt, löscht deren Gedächtnis vollkommen aus. Ich habe in den kommenden Kriegen oft versucht herauszufinden ob es irgendeine Möglichkeit gibt, diesen Prozess umzukehren. Magie, Rituale, Alchemie selbst  Sturheit hat dabei nichts geholfen.“ „An wem hast du dies getestet?“ Schrecken tat sich in Shadovvs Gesichtszügen auf. „Ich frage dich noch einmal, Shadovv. An wem hast du dies getestet?“ Der alte Troll, müde vom kämpfen antwortete mit trauriger Stimme:“ An Violett selbst.“ „Du hast sie gefoltert?“ „Ich wollte sie heilen, ich wollte das sie zurück kommt“ „Was hast du getan?“ „Ich musste sicher sein, das es keine Möglichkeit gibt sie von dem Untoden fluch zu befreien, “ schrie Shadovv seinem jüngeren Ich entgegen. Entsetzten machte sich auf Velfaras Gesicht breit. Der junge Troll erhob sich wieder und starrte Shadovv tief in die Augen. „Lass dir eins gesagt sein Troll, ich weis das ich ein Dieb bin, ein Schurke, manch einer behauptet eine verlorene Seele. Aber du, du bist….Ich würde mich eher selbst erdolchen bevor ich zuließe so zu werden wie du“ Der junge Troll drehte seinem älteren Ich den Rücken zu und trat aus der Burg unter den Nachthimmel. „Shadovv! Du kannst sie nicht retten. Wir haben es alle versucht. Du bist derjenige dem es bestimmt ist, dass zu tun wozu keiner vor uns fähig war“ Shadovv drehte sich um und setzt zu einem erneuten Streit an:“ Was bedeutet wir?“ Aber Shadovv hatte keinen Streitpartner mehr. Der alte Shadovv war verschwunden und anstelle des Trolls stand nun ein riesiges Reptil. Bronzefarben, mit Diamanten als Augen. Mächtige schwingen die eng an seinem Körper lagen. Klauen die Shadovvs Kopf mit einem Fingerzeig zerquetschen konnten. „Shadovv hatte seine Chance um dich umzustimmen. Wir beide wissen, dass du gewählt hast und seine Anwesenheit in dieser Zeit ist nicht mehr erforderlich.“ Donnerte die Stimme des Drachen aus dem Thronsaal heraus. „Du weist bereits mehr als andere vor dir. Mach dir dieses Wissen zu nutze und erfülle dein Schicksal Shadovv.“ Wieder zerfiel der Drache zu Sand der sich langsam auflöste bis nichts mehr von ihm übrig war. Velfara trat aus dem Schatten eines Baumes hervor:“ Er sagte mir bereits, dass ihm nicht mehr viel Zeit bliebe.“ Shadovv stand noch immer da, starr die Augen auf die Stelle gerichtet an der er vor Kurzem noch sein älteres ich angeschrien hatte. Würde es so irgendwann enden? Im Streit mit seinem jüngeren Ich?